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Design technischer Geräte des alltäglichen Gebrauchs

Heike Gerdes
Psychologisches Institut der Universität Bonn
Abteilung Allgemeine Psychologie


Inhalt


1 Einleitung

Ziel dieses Beitrages ist es, alle diejenigen Faktoren anzusprechen, die einen Einfluß auf die Benutzerfreundlichkeit von technischen Geräten haben und die sich daraus ergebenden Designprinzipien zu dokumentieren. Nicht näher eingegangen wird auf physiologische, biometrische und anthropometrische Faktoren, die im Bereich der klassischen Ergonomie eine zentrale Rolle spielen. Unser primäres Anliegen dagegen ist es, Gestaltungsprinzipien aufzuzeigen, die das Verständnis für das Funktionieren und Handhaben technischer Geräte auch bei naiven Benutzern/Benutzerinnen erleichtern. Diese Sichtweise ist der kognitiven Ergonomie zuzuordnen. Ziel dieser Forschungsrichtung ist es, Prinzipien für eine optimale Mensch-Maschine-Interaktion zu entwickeln, wobei es in erster Linie um die Analyse, Modellierung und experimentelle Untersuchung und Bewertung derjenigen Parameter geht, die für kognitive Prozesse von Bedeutung sind (Tauber, 1985, S. 293).

Was ist nun Benutzerfreundlichkeit und wodurch wird sie beeinflußt? Im Duden Informatik (1988, S. 73) findet man unter dem Stichwort "Benutzerfreundlichkeit" eine speziell auf Programmsysteme bezogene Definition, die sich problemlos auch auf technische Geräte übertragen läßt. Demnach ist ein Gerät benutzerfreundlich, wenn seine Bedienung einfach ist, auch ohne technisches Wissen leicht erlernt werden kann und sich nach den Denk- und Arbeitsweisen der Benutzers richtet. Diese Definition von Benutzerfreundlichkeit soll dem hier vorliegenden Bericht zugrundegelegt werden.

Nun bleibt noch die Frage zu beantworten, wie es erreicht werden kann, daß die Bedienung eines Gerätes einfach ist, leicht erlernt werden kann und sich nach den Denk- und Arbeitsweisen des Benutzers richtet. Norman nennt in seinem sehr lesenswerten Buch (Dinge des Alltags) die seiner Ansicht nach zwei wichtigsten Prinzipien eines benutzerorientierten Gerätedesigns: Dem Benutzer ein gutes konzeptuelles Modell anbieten und die Dinge sichtbar machen (Norman, 1989, S. 24). Das konzeptuelle Modell des Benutzers über ein technisches Gerät bildet dessen interne Struktur ab, also die Beziehung zwischen den Eingriffen des Benutzers auf der einen Seite und den daraus resultierenden Ergebnissen auf der Geräteseite. Dieses Modell erwirbt der Benutzer hauptsächlich durch mündliche oder schriftliche Instruktionen sowie durch Erfahrungen im Umgang mit dem Gerät. Die Oberflächenstruktur des Gerätes, also die Gestaltung der Ein- und Ausgabe-Elemente, trägt wesentlich dazu bei, ob ein korrektes und effizientes Modell über die Funktionsweise des Gerätes schnell und problemlos gebildet werden kann.

Unserer Ansicht nach kann man die Faktoren, die die Benutzerfreundlichkeit eines technischen Gerätes beeinflussen, den folgenden Bereichen zuordnen:

  • Eingabe-Elemente (Tasten, Schalter, usw.),
  • Ausgabe-Elemente (visuell und akustisch),
  • Ein-/Ausgabe-Relation, und
  • Funktionsaufbau und Dialogstruktur.

Zum Anfang

2 Design der Eingabe-Elemente

Eingabe-Elemente sind die Komponenten eines technischen Gerätes, über die der Benutzer das Gerät manipulieren kann, damit es die von ihm gewünschte Reaktion zeigt. Die Zufriedenheit des Benutzers mit dem Gerät sowie der Erfolg seiner Handlungen hängen entscheidend von der Gestaltung der Tasten, Schalter, Knöpfe, Hebel, Schieber, usw. ab. Im ersten Abschnitt dieses Kapitels werden kurz die verschiedenen Arten üblicher Eingabe-Elemente, soweit sie im Bereich der technischen Konsumgüter vorkommen, besprochen. Anschließend werden grundlegende Designprinzipien besprochen, die bei einer konsequenten Berücksichtigung zu einer Steigerung der Benutzerfreundlichkeit führen.


2.1 Arten von Eingabe-Elementen

Dem Designer technischer Geräte stehen eine Vielzahl verschiedener Eingabe-Elemente zur Verfügung, aus denen er die seiner Meinung nach geeignetsten auswählen muß. Die Wahl geeigneter Eingabe-Elemente hängt von den Eigenschaften der Benutzer, von den Eigenschaften der Aufgabenstellung und von den Umgebungsbedingungen ab. Bei den Benutzereigenschaften sind spezielle Fähigkeiten (oder auch Behinderungen) der Benutzer zu berücksichtigen, die Art früherer Erfahrungen sowie anthropometrische Gegebenheiten. Die Aufgabenstellung kann beispielsweise eine einzige Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten erfordern wie das Einschalten eines Gerätes; sie kann aber auch komplexe serielle oder kontinuierliche Kontrolltätigkeiten wie etwa das Programmieren eines Videorecorders oder das Lenken eines Autos erfordern. In diesem Abschnitt wird eine Klassifikation gebräuchlicher Eingabe-Elemente vorgenommen sowie Beispiele für deren übliche Verwendung im Bereich der Unterhaltungselektronik und der Haushaltsgeräte gegeben.


In der Literatur findet man die unterschiedlichsten Gesichtspunkte, nach denen Eingabe-Elemente klassifiziert werden (z.B. Cushman & Rosenberg, 1991; Schmidtke, 1974; McCormick, 1964). Dabei werden die folgenden drei Dimensionen am häufigsten genannt:

Unterschiedliche Bedienteile werden üblicherweise für bestimmte Zwecke eingesetzt, die im folgenden kurz dargestellt werden. Dabei werden grundlegende Gestaltungsrichtlinien besprochen, die in der ergonomischen Forschung erarbeitet wurden. Im Bereich der Unterhaltungselektronik und der Haushaltsgeräte hat man diese bodenständige Betrachtungsweise, bei der es primär um anthropometrische Faktoren geht, allerdings schon lange hinter sich gelassen. Schaut man sich die aufwendigen und zugegebenermaßen mit professioneller Hand gestalteten Werbekataloge an1, so scheint das Motto für die Bedienteile zu lauten: bunter - schöner - vielfältiger. Aus diesem Grund werde ich bei der nun folgenden Beschreibung der einzelnen Elemente jeweils zuerst die grundlegenden Gestaltungsrichtlinien anführen und im Anschluß daran Beispiele aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik geben.

Drucktasten
Drucktasten werden im allgemeinen dann verwendet, wenn zwischen zwei Zuständen gewechselt werden soll, zum Beispiel zum Ein- und Ausschalten eines Gerätes. Zu Gruppen angeordnet, wie auf einem Tastentelefon, einem Taschenrechner, einer Schreibmaschine oder einem Videorecorder, dienen sie der Auswahl eines bestimmten Modus, der Eingabe von Daten (Ziffern 1 bis 0) oder der schrittweisen Erhöhung oder Erniedrigung einer Größe. Die Drucktaste muß über einen Druckpunkt verfügen, dessen Überwindung vom Operator akustisch und kinästhetisch wahrnehmbar ist. Drucktasten können über vielfältige Formen und Größen verfügen, wobei zu beachten ist, daß der optimale Durchmesser bei ca 12 bis 13 mm liegt. Der Abstand zu anderen Bedienelementen sollte mindestens 12 mm betragen. Cushman und Rosenberg geben für Größe und Abstand der Drucktasten zueinander folgende Hinweise:

The smallest finger-operated push button that is practical for general use has a diameter (or length) of about 6.5 mm (0.25 in.). However, if space permits, the diameter (or length) should be at least 13 mm (0.5 in.). Miniature sizes may require activation by a pen or pencil and are not recommended except when the space available for mounting is extremly limited. In general, miniature switches are inconvenient and sometimes difficult to operate. The minimum spacing between push buttons depends on their size. If the push buttons are very small, the edge-to-edge spacing should be at least 13 mm (0.5 in.) in order to prevent activation of two push buttons at the same time. (Cushman & Rosenberg, 1991, S. 152)

Es ist erstaunlich, wie oft und in wie vielen Variationen man diesem Bedienteil alltäglich begegnet.2 Drucktasten kommen in allen Farben, Formen und Größen vor. Oft werden hierbei die grundlegenden ergonomischen Gestaltungsrichtlinien verletzt: Manche Tasten haben einen Durchmesser von nur 2 (!) mm, sind gleichzeitig nur 6 mm von ihrer Nachbartaste entfernt und verfügen über keinen Druckpunkt - dafür sind sie aber schön bunt oder.

Kippschalter
Kippschalter werden, ebenso wie Drucktasten, im allgemeinen dann verwendet, wenn zwischen zwei Zuständen gewechselt werden soll, zum Beispiel zum Ein- und Ausschalten eines Gerätes. Der Ein/Aus-Schalter an Computern und Kaffeemaschinen sowie Lichtschalter sind Beispiele für die Verwendung dieses Bedienteils. Ansonsten kommen Kippschalter heute kaum noch vor - sie wurden von den Drucktasten verdrängt. In unkritischen Fällen können Kippschalter auch drei Schalterstellungen aufweisen. Der Gerätezustand sollte durch die Lage des Schalters optisch eindeutig erkennbar sein. Eine häufig anzutreffende Lösung dieses Problems (z.B. bei Kaffeemaschinen) besteht darin, neben dem Schalter eine Indikatorleuchte anzubringen oder diese in den Schalter zu integrieren.

Drehknöpfe
Drehknöpfe kommen immer dann zum Einsatz, wenn die Veränderung einer Größe mit geringem Kraftaufwand stufenlos erfolgen soll. Zur Verbesserung der Bedienbarkeit sollten Drehknöpfe eine Zahnung aufweisen. Ihr Durchmesser sollte bei einer Fingerbedienung bei 25 mm liegen, bei einer Handbedienung bei 50 mm. Der Knopf sollte idealerweise 25 bzw. 70 mm Tiefe aufweisen. Ein Beispiel für den Einsatzbereich von Drehknöpfen im Bereich der Unterhaltungselektronik ist die stufenlose Regelung der Lautstärke. Auch Drehknöpfe sind bei den Designern beliebt und kommen in allen möglichen Größen, Farben und Formen vor. Aber auch hier trifft man auf viel zu kleine Exemplare, die mit 5 mm Durchmesser kaum zu bedienen sind.

Drehschalter
Drehschalter dienen der stufenweisen Einstellung einer Größe. Bei ihrer Gestaltung ist zu beachten, daß die einzelnen Schalterstellungen um nicht weniger als 15 Grad auseinanderliegen sollten. Daraus ergeben sich je nach Verwendungszweck bis zu 24 Schalterstellungen. Bei der Betätigung des Drehschalters muß der Widerstand beim Weiterschalten in eine andere Position deutlich spürbar sein. Wichtig ist weiterhin, daß der Drehschalter nicht zwischen zwei Schalterstellungen stehen bleiben kann. Drehschalter können als Knöpfe ausgelegt sein, günstiger ist es jedoch, sie in Stab- oder Pfeilform zu konzipieren. Drehschalter werden an Herden zur Regelung der Plattentemperatur verwandt; ein anderes typisches Beispiel für einen Drehschalter ist der Kanalwahlschalter an alten Fernsehgeräten (auch das wird heute von Drucktasten erledigt).

Schiebeschalter
Schiebeschalter sind vielfältig einsetzbare Bedienteile, die sowohl zur diskreten als auch kontinuierlichen Einstellung einer Größe eingesetzt werden können. Sie können z.B. als Ein/Aus-Schalter dienen (diskrete Regelung mit zwei Positionen) oder als Lautstärkeregler (kontinuierliche Regelung mit mehreren Positionen). Cushman und Rosenberg bemerken zum Einsatz von Schiebeschaltern im Bereich der Unterhaltungselektronik:

Sliding controls have been used for years to control the environment within automobiles (e.g., vent, heater, defroster, etc.). A miniature version began appearing some years ago on audio components. These sliding controls have all but replaced the familiar rotary knobs that once controlled functions such as loudness, treble, bass, and balance. Unfortunately, sliding controls are usually not as easy to use or as precise as the rotary knobs that they replaced. The motivation for the change seems to be related to aesthetics (i.e., creating a high tech look) rather than function. (Cushman & Rosenberg, 1991, S. 164)


2.2 Grundlegendes Designprinzip: Kompatibilität mit den Benutzererwartungen

Damit der Benutzer möglichst voraussetzungslos mit dem Gerät interagieren kann, ist es erforderlich, daß der Designer bei der Gestaltung der Eingabe-Elemente die Eigenschaften der späteren Benutzer berücksichtigt. Er kann dabei auf schon vorhandenes Wissen beim Benutzer zurückgreifen, auf Erkenntnisse über Wahrnehmungsprozesse und kognitive Prozesse. Die Beachtung dieser Punkte räumt viele Schwierigkeiten aus dem Weg: Anleitungen müssen nicht so umfangreich sein und werden schneller überflüssig, der Lernaufwand für den Benutzer wird geringer und er bekommt einen positiveren Eindruck von dem Gerät. Zieht der Designer diese Aspekte nicht in Betracht, so verschenkt er nicht nur die Chance, ein leicht zu bedienendes, benutzerfreundliches Gerät zu entwickeln, die Bedienung des neuen Produktes kann den Vorstellungen des Benutzers sogar zuwiderlaufen. In extremen Fällen kann es dann sogar zu gefährlichen Situationen kommen. In diesen Fällen, in denen das Verhalten eines Gerätes den Benutzererwartungen zuwiderläuft, ist nicht nur ein Neulernen nötig, sondern es muß ein komplettes Umlernen stattfinden, was wesentlich aufwendiger ist, als wenn bereits Bekanntes auf die Bedienung eines unbekannten Gerätes übertragen werden kann. In der Psychologie ist dieses Phänomen unter dem Begriff negativer Transfer bekannt und dort ausgiebig untersucht worden. Was ist nun bei der benutzerfreundlichen Gestaltung der Eingabe-Elemente an grundlegenden Designprinzipien zu berücksichtigen? Die folgenden Abschnitte führen die hierbei relevanten Aspekte auf.


2.2.1 Populationsstereotype

Beim Design eines technischen Gerätes muß unbedingt berücksichtigt werden, welche Stereotype z.B. in einem bestimmten Land, in dem später das Produkt auf den Markt kommen soll, vorhanden sind. Diese Stereotype sind Vorstellungen bzw. Erwartungen der Menschen, die sich durch häufigen Umgang mit einem Gegenstand innerhalb einer Population über die Jahre hinweg ausgebildet haben. Cushman und Rosenberg nennen als Beispiel den Lichtschalter (Cushman & Rosenberg, 1991, S.167). In den Vereinigten Staaten wird das Licht eingeschaltet, indem man den Lichtschalter aufwärts bewegt, in Großbritannien wird das Licht eingeschaltet, indem man den Lichtschalter in die entgegengesetzte Richtung bewegt, nämlich abwärts. Auch die Schreibmaschinentastatur, die in unterschiedlichen Ländern eine unterschiedliche Anordnung der Tasten aufweist, ist ein solches Beispiel. Hoyos nennt als weiteres Beispiel das Problem der Links- und Rechtshändigkeit, das sich daraus ergibt, daß die für Rechtshänder optimalen Anordnungen von Anzeigen und Bedien-Elementen nicht auch für Linkshänder günstig sein müssen (Hoyos, 1974). Die Probleme, die aus der Nichtbeachtung dieser populationsspezifischen Erwartungen der Benutzer resultieren, sind offensichtlich. An dieser Stelle sei auch noch die Benennung der Eingabe-Elemente zu nennen, die idealerweise in der jeweiligen Landessprache erfolgen sollte.


2.2.2 Anordnung der Eingabe-Elemente

Bei der Anordnung der Eingabe-Elemente auf der Bedienfläche des Gerätes sind ebenfalls bestimmte Prinzipien zu beachten, die dem Benutzer die Gerätebedienung erleichtern. Hier geht es zum einen um die Positionierung der Eingabe-Elemente am Gerät, zum anderen um die Anordnung der Eingabe-Elemente zueinander.


Positionierung am Gerät
In der Regel sollten alle wichtigen Eingaben leicht zugänglich am Gerät angebracht werden. Zusätzlich ist darauf zu achten, daß der Benutzer die Eingabe-Elemente gut überblicken kann, wenn er sich in der üblichen, natürlichen Position zum Gerät befindet. Ein schlechtes Beispiel ist meiner Meinung nach der Ein/Aus-Schalter an Computern, der sich meist an der Rückseite des Gerätes befindet und dort oft unnötig schlecht zugänglich ist. Ausnahmen von der Regel, die Eingaben leicht zugänglich zu positionieren, gelten für diejenigen Elemente, die z.B. unwiederrufliche Reaktionen des Gerätes hervorrufen können und die deshalb an einer nicht so leicht zugänglichen Stelle angebracht werden sollten. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dem Benutzer das Auslösen dieser Funktion zu erschweren, indem er zusätzlich bestätigen muß, daß er die Funktion (wie z.B. das Löschen einer Datei) auch wirklich auslösen will.
Häufig genutzte Elemente sollen besonders leicht zugänglich sein und sich von den weniger oder kaum benötigten Elementen deutlich absetzen. Hierzu stehen dem Designer mehrere Techniken zur Verfügung. Er kann die häufig genutzten Eingaben an einer Stelle positionieren, die dem Benutzer leicht zugänglich ist. Um diese wichtigen Elemente von den weniger wichtigen abzusetzen, kann eine Variation von Form, Farbe und/oder Größe vorgenommen werden. Beispielsweise kann man die nicht so häufig genutzen Elemente hinter einer Klappe verschwinden lassen, die nur bei Bedarf geöffnet wird. Diese Lösung hat den Vorteil, daß das Gerät ein einfacheres Erscheinungsbild aufweist, der Benutzer wird nicht durch eine Unmenge von Tasten und Schaltern abgeschreckt. Zudem wird eine Fehlbedienung unwahrscheinlicher.
Das Prinzip, die weniger wichtigen Tasten zu verdecken, wird für Fernbedienungen häufig und auf ganz unterschiedliche Weise realisiert. Einige Anbieter lassen die weniger oft benötigten Tasten hinter einer Klappe verschwinden, die nur bei Bedarf geöffnet wird. Eine andere Lösung bietet die Firma Sony an. Dort kann die Fernbedienung in ein zu einer Seite hin offenes Gehäuse geschoben werden. Die eine Seite der Fernbedienung enthält nur die nötigsten Tasten, die andere Seite enthält wesentlich mehr Tasten. Der Benutzer kann die Fernbedienung nun seinen Wünschen entsprechend mit einer der beiden Seiten nach oben in das Gehäuse schieben. Wieder andere Hersteller bieten zwei Fernbedienungen an: Das eine Modell enthält nur die nötigsten Tasten, die andere Version bietet viel umfangreichere Bedienungsmöglichkeiten.


Funktionale Gruppierung
Bei der Beantwortung der Frage, wie die Eingabe-Elemente auf der Bedienfläche des Gerätes anzuordnen sind, geben die Gestaltfaktoren nützliche Hinweise (Wertheimer, 1923). Ihre Berücksichtigung führt zur Entstehung sogenannter prägnanter Strukturen, die zu einem besseren Erkennen und Entdecken von Information führen.

Ein weiteres Prinzip der Wahrnehmungsgruppierung, das über die oben angesprochenen Gestaltfaktoren dominiert, hat Palmer systematisch untersucht (Palmer, 1992). Das von ihm mit "common region" bezeichnete Prinzip besagt, daß, wenn alles andere unverändert bleibt, Elemente dann als zueinander gehörig wahrgenommen (gruppiert) werden, wenn sie innerhalb einer gemeinsamen Region liegen. Eine Region kann dabei durch Farbe, räumliche Lage, oder durch Umrandungslinien gegeben sein. Alle Elemente die innerhalb dieser Region liegen, werden als zusammengehörig wahrgenommen. Abbildung 1 verdeutlicht die beiden Gestaltprinzipien der Nähe und der Ähnlichkeit sowie das Prinzip der common region.


Abbildung 1


Bei der Gruppierung der Eingabe-Elemente entsprechend ihrer Zugehörigkeit zu den einzelnen Funktionen lassen sich mehrere Gruppierungstechniken anwenden. So kann eine Gruppierung durch Variation des Tastenabstands (Faktor der Nähe), durch Einfügen von Begrenzungslinien ("common region"), durch unterschiedliche Farbe, Form oder Größe (Faktor der Ähnlichkeit) geschehen. Die einzelnen Techniken sollen im folgenden näher besprochen werden.

Abstandsvariation
Die Gruppenbildung durch Abstandsvariation ist eine wirksame Methode, um die funktionelle Zugehörigkeit von Bedienelementen zu verdeutlichen. Es ist aber darauf zu achten, daß bei der Zusammenfassung mehrerer Bedien-Elemente zu einer Gruppe die geforderten Mindestabstände eingehalten werden.


Farbgestaltung
Hier stehen grundsätzlich drei Möglichkeiten zur Verfügung: Es kann der Hintergrund unterschiedlich gefärbt werden, die Tasten selber können unterschiedliche Farben erhalten, oder die Tasten werden in verschiedenen Farben beschriftet. Erhält der Hintergrund von Tastengruppen unterschiedliche Farbe, dann kommt das Prinzip "common region" zur Anwendung. Gibt man zusammengehörigen Tasten dieselbe Farbe oder beschriftet man sie in derselben Farbe, dann kommt der Faktor "Gruppierung nach Ähnlichkeit" zur Wirkung.


Begrenzungslinien
Durch die Umrandung zueinandergehöriger Bedien-Elemente können gute Gruppierungseffekte erzielt werden. Dieser Umrandungseindruck kann durch das Ziehen von Linien erreicht werden, durch die Anordnung einer Tastengruppe in einer Vertiefung, aber auch durch die farbige Unterlegung der Hintergrundfläche. Die Gruppierungswirkung wird durch das Prinzip "common region" erzielt. Abbildung 2 zeigt eindrucksvoll die Wirkung dieses Prinzip am Beispiel eines politischen Plakates.


Abbildung 2


Größe und Form
Man kann die Tasten der einen Funktion auch von denen einer anderen absetzen, indem man ihnen verschiedene Größen oder Formen zuordnet. Müssen die Tasten innerhalb einer Funktion vom Benutzer in einer festgelegten Reihenfolge gedrückt werden, sollten sie in der Reihenfolge angeordnet werden, in der sie benutzt werden müssen. Falls es möglich ist, sollte vom Prinzip der Hierarchisierung Gebrauch gemacht werden. Hierbei werden Gruppen von Eingabe-Elementen zu übergeordneten Gruppen zusammengefaßt. Dies kann ebenfalls durch die oben beschriebenen Techniken geschehen. Abbildung 3 zeigt ein Beispiel für eine gelungene Tastenanordnung durch mehrere Gruppierungstechniken.


Abbildung 3


Oft wird es am günstigsten sein, mehrere Gruppierungsprinzipien gleichzeitig zu verwenden. Es sollte aber unbedingt darauf geachtet werden, daß diese Gruppierungen sich nicht überlappen. Dies hat meist zur Folge, daß sie sich gegenseitig aufheben.


2.2.3 Kennzeichnung der Eingabe-Elemente

Die Eingabe-Elemente liefern für sich genommen dem Benutzer noch keine Hinweise auf ihre Funktion. Was ihnen noch fehlt, ist irgendeine Art von Kennzeichnung, die einen Hinweis auf ihre Funktion liefert. Bei der Wahl der geeigneten Kennzeichnung muß der Designer sich zwischen Beschriftung und textloser Kennzeichnung entscheiden. Bei der textlosen Kennzeichnung sollte zwischen abstrakten Symbolen und Piktogrammen unterschieden werden. Auf diese drei Möglichkeiten der Kennzeichnung von Eingabe-Elementen soll im folgenden näher eingegangen werden.


Beschriftung
Die Beschriftung der Bedien-Elemente soll in der Sprache des Landes erfolgen, in der das Produkt auf den Markt kommen soll. Wird diese Forderung nicht erfüllt, so geht der Sinn der Beschriftung, nämlich eindeutige Hinweise auf die Funktion der Taste zu liefern, verloren (und wird besser ganz weggelassen). Man kann das Problem umgehen, wenn man dem Benutzer die Sprachwahl ermöglicht, wie dies z.B. beim Kartentelefon realisiert ist. Desweiteren ist darauf zu achten, daß die gewählten Begriffe kurz und prägnant sind und daß sie für den Benutzer auch wirklich die intendierte Bedeutung haben.

Im Bereich der Unterhaltungselektronik findet man oft Bedienteile, die mit Phantasienamen beschriftet sind. Hier stehen dann eher das designerische als das ergonomische Überlegungen im Vordergrund: Das Gerät soll einen hochtechnischen, interessanten Eindruck machen.


Abstrakte Symbole
Abstrakte Graphiken stellen eine Alternative zu geschriebenen Wörtern dar. Unterschieden wird zwischen abstrakten Graphiken ohne offensichtliche Bedeutung und sogenannten Piktogrammen oder Icons, die auf bekannte Objekte oder Handlungen Bezug nehmen und somit eine mehr oder weniger offensichtliche Bedeutung tragen. Auf Piktogramme wird im nächsten Abschnitt näher eingegangen. Die Zuordnung von Bedeutung und abstraktem graphischem Symbol muß vom Benutzer oft erst gelernt werden. Abstrakte Symbole sollten eigentlich nur dann verwandt werden, wenn sie dem Benutzer schon bekannt sind. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Symbolik für die Funktionstasten des Cassettenrecorders. Hier liegt der günstige Fall vor, daß standardmäßig diese Symbole auf allen Cassetten- und Videorecordern verwandt werden und die Bedeutung meist schon bekannt ist. Will man abstrakte Graphiken verwenden, von denen man annimmt, daß sie dem Benutzer nicht bekannt sind, ist eine zusätzliche Beschriftung der Tasten vorzunehmen.


Piktogramme und Icons
Im Gegensatz zu den im letzten Abschnitt besprochenen abstrakten graphischen Symbolen sind Piktogramme in hohem Grade selbsterklärend, d.h. der Benutzer kann ihnen aufgrund seines vorhanden Wissens spontan eine Bedeutung zuordnen. Will der Designer Piktogramme zur Kennzeichnung der Eingaben verwenden, so ergeben sich natürlich auch Probleme. So muß er die Annahmen machen, daß der Benutzer dem Piktogramm die intendierte Bedeutung spontan zuordnen kann, und daß auch alle Benutzer diesem Piktogramm dieselbe Bedeutung zuordnen. Voraussetzung dafür, daß der Benutzer diesen Symbolen eine Bedeutung zumessen kann, ist, daß ihm die zu bezeichnenden Objekte oder Handlungen überhaupt bekannt sind. Diese Annahmen sind nicht immer gerechtfertigt.

Oft werden Analogien oder Metaphern angewandt - aber Analogien sind eben immer nur Analogien und stimmen nie vollständig mit dem angesprochenen Gegenstandsbereich überein. Ein Beispiel ist die Büro- bzw. Schreibtischmetapher, die dem Benutzer die Struktur und Funktionen des Computersystems auf anschauliche Weise vermitteln soll. Teil dieser Schreibtisch-Metapher ist der Papierkorb auf dem Bildschirm. Schiebt man eine Datei mit dem Mauszeiger in diesen Papierkorb, dann ist das eine Metapher für die Handlung: Datei löschen.

Piktogramme werden heute auf einer Vielzahl von Geräten angewandt. Auch wenn sie nicht auf Anhieb interpretierbar sind, sollten sie zumindest den Effekt haben, daß der Benutzer schnell eine Assoziation zwischen Piktogramm und Tastenfunktion herstellen kann. Oft ist die Bedeutung der Piktogramme aber auch nach langem Überlegen nicht mit der Funktion der dazugehörigen Taste in Einklang zu bringen. In diesem Fall haben Piktogramme ihren Zweck verfehlt. Abbildung 4 zeigt einige Piktogramme, die - zumindest in Deutschland -, allgemein bekannt sein dürften und deren Bedeutung im jeweiligen Kontext auch klar wird.


Abbildung 4


Abbildung 5 zeigt Piktogramme, die auf verschiedenen Geräten vorgefunden wurden, und denen teilweise nicht so einfach eine Bedeutung zugeordnet werden kann. Manchmal weiß man gar nicht, ob es sich um abstrakte Symbole handeln soll oder ob man etwa nur zu dumm ist, um die Bedeutung zu erkennen, die das Symbol vermitteln soll.


Abbildung 5

Zum Anfang

3 Design der Ausgabe-Elemente

Ausgabe-Elemente eines technischen Gerätes sind Anzeigen, die den Zweck haben, einem Benutzer Informationen bereitzustellen, die er zur Gerätebedienung benötigt. Durch die Anzeigen wird er hauptsächlich über Systemzustände informiert, die er nicht direkt wahrnehmen oder einfach erschließen kann, die aber wichtig sind, damit er die Orientierung nicht verliert. Gute Anzeigen stellen die Informationen in einer Form dar, die es erlaubt, sie schnell, genau und problemlos zu interpretieren. Bei technischen Geräten kommen die verschiedensten Anzeigen zum Einsatz. Welche Art von Anzeige für welchen Zweck eingesetzt werden soll, hängt (wie schon bei der Gestaltung der Eingabe-Elemente) von mehreren Faktoren ab. So spielen Umgebungsbedingungen wie Beleuchtung oder Geräuschkulisse, die Art der zu übermittelnden Information, die Art der Aufgabenstellung und die Benutzereigenschaften eine Rolle. Z.B. werden bevorzugt Töne zur Anzeige von Warnhinweisen verwandt, wenn die Umgebung, in der das Gerät bedient werden soll, dunkel ist. Wenn der Geräuschpegel, wie in manchen Fabrikhallen, sehr hoch ist, sollte auf Töne als Informationsübermittler eher verzichtet werden.

In den folgenden Abschnitten werden zuerst verschiedene Arten von Anzeigen und Klassifikationsschemata für - hauptsächlich visuelle - Anzeigen besprochen, anschließend wird näher auf das Informationsdesign in Anzeigen eingegangen.


3.1 Arten von Anzeigen

In diesem Abschnitt werden zuerst einige wichtige Grundformen von Anzeigen vorgestellt, anschließend werden mehrere Dimensionen aufgeführt, auf denen man Anzeigen klassifizieren kann. Abschließend wird angegeben, wann welche Anzeige zu verwenden ist.


3.1.1 Grundformen von Anzeigen

In Anlehnung an Bernotat (1974) sollen hier einige wichtige Grundformen von Anzeigen vorgestellt werden: die Istwert-Anzeige, die Sollwert-Anzeige, die Bereichs-Anzeige und die Ankündigungs-Anzeige


Istwert-Anzeige
Die Istwert-Anzeige ist eine Darstellung des Wertes, den die interessierende Größe im Moment tatsächlich hat. Dem Benutzer wird diese Anzeige zur Verfügung gestellt, damit er den aktuellen Wert mit einem vorgegebenen Wert vergleichen kann. Die Istwert-Anzeige ist immer erforderlich. Beispiele für Istwert-Anzeigen sind z.B. das Zählwerk an Cassetten- und Videorecordern oder der Temperatur- und Geschwindigkeitsanzeiger in Autos.


Sollwert-Anzeige
Die Sollwert-Anzeige gibt den Wert einer Größe an, den diese momentan haben sollte. Sie wird dem Benutzer zusätzlich zur Istwert-Anzeige dargeboten um ihm einen Vergleich zwischen Soll- und Ist-Wert zu ermöglichen. Die rote Markierung auf der Skala des Tachometers bei 50 km/h kann man als (konstante) Sollwertanzeige interpretieren.


Bereich-Anzeige.
Die Bereich-Anzeige ist eine Darstellung von Abschnitten des Istwertes, in denen bestimmte Bedingungen herrschen. Diese Bereiche können z.B. Normalbereich, Warnbereich und Gefahrbereich sein. Ein Beispiel für diesen Anzeigentyp ist der Temperaturanzeiger im Auto.


Ankündigung
Die Ankündigung gibt eine Vorinformation über bevorstehende Änderungen der angezeigten Größe. Ein bekanntes Beispiel ist die Gelbphase einer Ampel, die ankündigt, daß diese gleich umspringen wird.


3.1.2 Klassifikation von Anzeigen

Anzeigeinstrumente können hinsichtlich mehrerer Kriterien klassifiziert werden. Einige dieser Möglichkeiten werden im folgenden aufgeführt.


Dynamische und statische Anzeigen
Dynamische Anzeigen verändern sich über die Zeit hinweg. Sie informieren den Benutzer zumeist über sich ändernde Systemzustände bzw. Variablen. Ein Beispiel ist der Tachometer in einem Auto, der ständig Auskunft über die aktuelle Geschwindigkeit gibt. Statische Anzeigen bleiben ohne Benutzereingriffe konstant. Sie bestehen meist aus Ziffern, Piktogrammen oder Wörtern. Ein Beispiel ist die Indikatorlampe, die aufleuchtet, wenn ein Gerät eingeschaltet ist.


Quantitative, qualitative und dichotome Anzeigen
Quantitative Anzeigen zeigen den numerischen Wert einer Größe an. Beispiele für quantitative Anzeigen sind die Waage oder das Thermometer. Qualitative Anzeigen stellen die interessierende Größe durch mehrere Kategorien dar, obwohl die zugrundeliegende Größe auch kontinuierlich sein kann. Ein Beispiel hierfür ist die Temperaturanzeige im Auto, bei der lediglich interessiert, ob sie sich in einem zulässigen oder schon zu hohen Bereich befindet. Qualitativ zu übermittelnde Informationen werden meist mittels eines Bereichsanzeigers dargestellt. Typische Beispiele für dichotome Anzeigen sind Indikatoren für die Zustände Ein und Aus.


Analoge und digitale Anzeigen
Analog-Anzeigen stellen die Information in einer in einer dem Original entsprechenden, für den Menschen gut interpretierbaren Weise dar. Ein beim Originalvorgang vorhandenes Kontinuum wird auf ein Anzeige-Kontinuum abgebildet. Elektrische Spannung, Temperatur, Uhrzeit oder Geschwindigkeit werden bei visuellen Anzeigen als Stellung eines Zeigers auf einer Skala dargestellt. Die Wahl der Skala, deren Form, Einteilung und Beschriftung sowie die Zeigerform der Skala spielen bei analogen Anzeigen eine entscheidende Rolle.

Digital-Anzeigen geben die Informationen (auch von kontinuierlichen Größen) mittels diskreter Einheiten an. Es wird jeweils nur der aktuelle Wert angezeigt. Dieser aktuelle Wert kann kodiert werden durch Ziffern, Buchstaben, Tonhöhen, Lautstärken, usw. (Bernotat, 1974). Die Uhr ist wohl das bekannteste Beispiel für ein solches Gerät, das sowohl in digitaler Form als auch in analoger Form gleichermaßen verbreitet ist.

Die ergonomischen Regeln, die zu einer guten Lesbarkeit und Interpretierbarkeit der Skalen führen (ausreichende Größe, angemessene Skaleneinteilung, passende Beschriftung) werden im Bereich der Unterhaltungselektronik oft verletzt. Man findet Skalen, die ohne Lupe unleserlich sind, die irrelevante Informationen enthalten, unübersichtlich sind, die schlecht oder gar nicht beschriftet sind. Es drängt sich der Eindruck auf, daß ästhetische Gesichstspunkte bei der Gestaltung dieser Anzeigen das einzige oder zumindest wichtigste Kriterium war.


Komplexe und einfache Anzeigen
Einfache Anzeigen liefern die Werte einer einzelnen Variablen. Demgegenüber stehen integrierte Anzeigen, die die Werte meist funktionell gekoppelter Größen in einem Anzeige-Element bereitstellen. Auch Displays und Monitore sind den komplexen Anzeigen zuzuordnen, da in ihnen mehrere Größen in analoger oder diskreter Form simultan angezeigt werden. Bei Displays kommt es besonders auf die räumliche und zeitliche Strukturierung der Informationen an. Diese Aspekte werden unter der Überschrift "Kodierung der Informationen" weiter unten noch näher erläutert.


Visuelle und akustische Anzeigen
Visuelle Anzeigen sind die am häufigsten verwandten Anzeigen. Obwohl die meisten Anzeigen visueller Art sind, ist es in einigen Fällen günstiger, die Informationen mittels Tönen oder Geräuschen zu geben. Der Vorteil der Informationsübermittlung durch Geräusche liegt darin, daß sie auch dann noch wahrnehmbar sind, wenn das visuelle System mit anderen Identifikationsaufgaben beschäftigt ist. Der Nachteil ist darin zu sehen, daß sie aufdringlich wirken können. Deshalb sollte man sie sparsam verwenden und ihren Einsatz Situationen vorbehalten, die selten auftauchen. Meist werden Töne deshalb zur Übermittlung von Warnungen verwandt. In der folgenden Tabelle werden typische Anwendungsbereiche für akustische Signalgeber im Konsumgüterbereich aufgeführt.

Produkt Zweck des akustischen Signals
Auto Hupe, sicherheitsgurte nicht angelegt, Handbremse angezogen, Licht nicht ausgeschaltet
Computer Fehlermeldung
Digitaluhr volle Stunde erreicht (nervend!)
Waschmaschine, Wäschetrockner Waschprogramm beendet
Telefon Besetztzeichen, Freizeichen, usw.


3.1.3 Wann welche Anzeige?

Wann welche Art von Anzeige verwandt werden sollte, hängt entscheidend von der Aufgabe ab, die der Benutzer bewältigen soll. Bernotat gibt in seinem Artikel eine Übersicht über die Einsatzbereiche von Analog- und Digitalanzeigen, die in der nun folgenden Tabelle wiedergegeben sind (Bernotat, 1974, S. 79).

Aufgabe des Benutzers Digital Analog (bewegter Zeiger)
Quantitative Ablesung gut mässig
Qualitative Ablesung, Vergleich ungünstig gut
Einstellen von Werten gut gut
Regeln einer Grösse ungünstig gut


Je umfangreicher die Datenmengen sind und je größer die Funktionalität eines Gerätes ausfällt, umso mehr Informationen müssen dem Benutzer - meistens simultan - angezeigt werden. Das bedeutet, daß man mit kleinen Anzeigenfeldern oft nicht mehr auskommt. Bestes Beispiel ist der Computer, für den auch der Trend besteht, immer größere Monitore zu verwenden. Auch für Videorecorder ist es aus mehreren Gründen langsam an der Zeit, den Fernsehbildschirm als Display zu nutzen. Viele wichtige neue Funktionen wie das Einstellen der Sendertabelle oder das Programmieren über Videotext, aber auch Online-Hilfen, lassen sich nicht auf einem so kleinen Display wie dem des Videorecorders durchführen. Auf der einen Seite bringt die Einführung größerer Anzeigenfelder natürlich enorme Vorteile für den Benutzer, andererseits entstehen aber auch ganz neue Probleme für den Systemdesigner. So muß er sich nun z.B. Gedanken darüber machen, wie er die Informationen, die er gleichzeitig darstellen möchte, räumlich anordnet.


3.2 Informationsdesign in Anzeigen

Die Informationen, die ein Benutzer über den Systemzustand benötigt, können auf vielfältige Weise übermittelt werden. So kommen, wie schon oben ausgeführt, analoge und digitale Anzeigen zum Einsatz, es werden Wörter verwandt oder graphische Symbole, visuelle oder akustische Anzeigen, usw. In den folgenden Ausführungen soll nur noch auf die Gestaltung visueller Anzeigen näher eingegangen werden. Grundsätzlich gelten für die Gestaltung von Anzeigen auch die Regeln, die beim Design der Eingabe-Elemente zu berücksichtigen sind: Populationsstereotypen, Positionierung der Anzeigen am Gerät, Gruppierung der Informationen und Kodierung der Informationen. Aus diesem Grund soll hier nur noch auf die für Anzeigen spezifischen Gestaltungsaspekte eingegangen werden. Dabei können drei Faktoren die Darstellung der Informationen in Anzeigen günstig beeinflussen: Wahrnehmungs-, Kodierungs- und Organisationsaspekte (Zwerina & Haubner, 1987). Diese drei Aspekte werden in den folgenden Abschnitten näher besprochen.


3.2.1 Wahrnehmung

Eine wichtige und grundlegende Rolle bei der benutzerfreundlichen Gestaltung von Anzeigen kommt denjenigen Aspekten zu, die einen günstigen Einfluß auf die Wahrnehmung des Dargebotenen haben. Neumann und Timpe (1976) geben einige allgemeine Regeln an, die beim Zeichenentwurf für anzeigen zu beachten sind:

Die Wahrnehmbarkeit der Informationen in Anzeigen wird von folgenden Faktoren beeinflußt:
  • Blickwinkel des Benutzers
  • Beleuchtung
  • Linienbreite
  • Größe der Zeichen
  • Verhältnis von Zeichenbreite zu Zeichenhöhe
  • Zeichenschärfe
  • Zeichenfarbe
  • Kontrast und
  • Zeichenabstand
Ausführliche Darstellungen und Hinweise auf eine optimale Wahl dieser Parameter geben Neumann und Timpe (1976) sowie McCormick (1964). Für die oben aufgeführten Faktoren gibt es eindeutige Richtlinien und zum Teil auch schon DIN-Normen.


3.2.2 Kodierung der Informationen

Damit es zu einer Mensch-Maschine-Interaktion überhaupt kommen kann, muß die Information in einer für den Menschen verständlichen Weise kodiert werden. Es sollte hierbei auf einen Code zurückgegriffen werden, der nicht nur prinzipiell erlernbar ist, er sollte dem Benutzer auch aus seinem alltäglichen Leben bekannt sein. Zur Kodierung von Informationen in visuellen Anzeigen können die vier Dimensionen Farbe, Gestalt, Ort und Zeit herangezogen werden. So kann z.B. der Zuwachs einer Größe angezeigt werden durch die Farbänderung einer Bereichsanzeige, oder wichtigere Items können auf einem Bildschirm größer dargestellt werden als weniger wichtige.

Bevor man sich für eine dieser vier Dimensionen Farbe, Gestalt, Ort und Zeit entscheidet, muß geklärt werden, wie viele Abstufungen der interessierenden Größe auf der Anzeige dargestellt werden sollen. Die sichere Unterscheidbarkeit verschiedener Reizstufen auf den unterschiedlichen Dimensionen ist nämlich nicht einheitlich. Bei Farben können maximal 8 - 10 Farbtöne, bei Helligkeit 6 Stufen und bei der Größe 5 Stufen sicher unterschieden werden. Auf die Aspekte der Farbkodierung und der zeitliche Organisation soll im folgenden näher eingegangen werden, da sie bei der Gestaltung gerade von komplexen Anzeigen wie Displays eine wichtige Rolle spielen. Auf die zwei Dimensionen Ort und Form wird hier deshalb nicht näher eingegangen, da alle hier relevanten Aspekte auch schon im Kapitel über die Gestaltung der Eingabe-Elemente eingehend besprochen und auf die Gestaltung von Informationen in Anzeigen problemlos übertragbar sind.


Farbkodierung in Anzeigen
Auch für die farbliche Gestaltung der Anzeigen gilt, daß die besten Wirkungen dann erzielt werden, wenn eine Übereinstimmung mit bereits vorhandenen Assoziationen des Benutzers vorliegt. In der folgenden Tabelle werden in Anlehnung an Cushman und Rosenberg (1991) die üblichen Assoziationen aufgelistet, die beim Benutzer zu bestimmten Farben vorhanden sind.

Farbe Assoziation
Rot Alarm, Unfall, Stop
Grün aktiv, normal, an
Gelb Standby, Randbedingung
Schwarz aus


In zunehmendem Maße wird heute auf eine Farbkodierung der Informationen zurückgegriffen. Dabei werden oft grundlegende Faktoren wie z.B. die begrenzte Unterscheidbarkeit von Farben vernachlässigt. Cushman und Rosenberg geben eine Reihe von Richtlinien zur Farbgestaltung von Anzeigen an, die im folgenden kurz aufgelistet werden:


Zeitliche Organisation der Informationen
Durch die geeignete zeitliche und räumliche Organisation der Informationen auf dem Anzeigenfeld kann gegenüber einer unstrukturierten Darstellung eine deutliche Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit erzielt werden. Auf die räumliche Organisation der Informationen innerhalb einer Anzeige soll hier nicht mehr eingegangen werden, da die Ausführungen zur funktionalen Gruppierung der Eingabe-Elemente (siehe Abschnitt 2.2.2xx
) prinzipiell auch hier anwendbar sind. Bei der Frage nach der zeitlichen Organisation ist zu beantworten, ob die Daten simultan oder seriell dargestellt werden sollen. Am günstigsten ist es, die beiden Darstellungsarten zu kombinieren:

Die Informationsverarbeitung des Menschen verläuft zwar vorwiegend seriell, jedoch ist die Speicherkapazität des Kurzzeitgedächtnisses gering, so daß Denkvorgänge und Entscheidungen durch gleichzeitig auf dem Bildschirm dargebotene Informationen unterstützt werden. (Zwerina & Haubner, 1987)


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4 Ein-/Ausgabe-Relation: Kompatibilität mit den Benutzererwartungen

In diesem Kapitel soll die Beziehung zwischen den Benutzereingaben und den Reaktionen des Gerätes näher beleuchtet werden. Bei der Relation von einzelnen Eingaben und den darauf erfolgenden Reaktionen eines Gerätes spielen die Erwartungen des Benutzers eine zentrale Rolle. Diesem Phänomen, daß der Benutzer auf bestimmte Eingaben hin bestimmte Reaktionen des Gerätes erwartet, wurde und wird in der Ergonomie viel Aufmerksamkeit geschenkt. Es wird dort unter den beiden Begriffen Bedienungsstereotypen (Lanc, 1975) oder Kompatibilität (Hoyos, 1974) abgehandelt. Das gesamte Buch von D.A. Norman handelt im Grunde von diesem Kompatibilitätsproblem und wird dort als "mapping" bezeichnet (Norman, 1989). Der Begriff der Kompatibilität mit den Benutzererwartungen wird von Hoyos (1974) folgendermaßen erklärt:

Kompatibilität meint [ ... ] eine Anordnung, in der Anzeige und Steuerung in günstiger Weise aufeinander abgestimmt sind. Die Kompatibilität führt man auf allgemein vorherrschende Erwartungen zurück, die als ęsoziale Stereotypien• bezeichnet werden (Fitts, 1951). Niemand wird erwarten, man müsse das Steuerrad eines Autos nach links drehen, um nach rechts abzubiegen. Wer einen Knopf nach rechts dreht, wird erwarten, daß ein zugeordneter Zeiger auch nach rechts geht. Anzeige und Bedienelement sind in vielen Fällen aus der Natur der Sache heraus, oder wie man auch sagt, aufgrund einer raumzeitlichen Isomorphie in bestimmter Weise miteinander verknüpft. Hier handelt es sich um Auge-Hand-Koordinationen, die von Geburt an geübt und praktiziert werden. Die Schwierigkeit, solchen Stereotypien entgegenzuhandeln, demonstriert das Spiegelzeichnen. Andere Stereotypien beruhen mehr auf Konventionen, die sich im alltäglichen Umgang mit elektrischen Schaltern, Türklinken, Wasserhähnen, usw. herausgebildet haben. Zu Stereotypen dieser Art zählt wohl die Erwartung, eine Drehung nach rechts gehe mit einer Zunahme einher.–

Unter Anzeigen bzw. Reaktionen des Gerätes versteht man dabei sowohl natürliche, durch den Benutzer direkt wahrnehmbare Reaktionen des Gerätes, als auch die künstliche Anzeige dieser Reaktionen über ein Anzeigenfeld. So sind das Aufleuchten der Glühbirne nach dem Einschalten oder die Überwindung des Druckwiderstandes beim Drücken einer Taste natürliche Reaktionen auf eine Eingabe hin. Der Begriff der Kompatibilität kann sich auf mehrere Aspekte der Ein-/Ausgabe-Relation beziehen. Dies sind zeitliche Beziehungen, räumliche Beziehungen und Beziehungen in der Bewegung. Diese drei Arten der Kompatibilität sind Thema der nächsten Abschnitte.


4.1 Zeitliche Beziehungen

Menschen haben Schwierigkeiten mit zeitverzögerten Reaktionen von Geräten und technischen Systemen. So konnte in Untersuchungen zum komplexen Problemlösen wiederholt eindrucksvoll belegt werden, daß es sehr problematisch für Versuchspersonen ist, wenn die Reaktionen eines Systems auf Eingaben hin erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung erfolgen. Das Resultat des Umgangs von Menschen mit solchen zeitverzögerten Systemen ist, daß sie weniger Wissen über diese Systeme erwerben und auch schlechtere Leistungen im Umgang mit diesen Systemen zeigen. In Untersuchungen aus dem Bereich der Arbeitspsychologie konnte gezeigt werden, daß Wartezeiten beim Umgang mit einem Computer für den Benutzer äußerst belastend sein können und mehr Fehler auftreten (McCormick, 1964). Bei einigen Computerprogrammen hat man dieses Problem entschärft, indem man, solange der Rechner arbeitet und die Reaktion noch nicht erfolgen kann, eine Uhr auf dem Bildschirm anzeigt. Aufgrund dieser kleinen Hilfe weiß der Benutzer, daß das Gerät noch arbeitet und nicht etwa abgestürzt ist.


4.2 Räumliche Beziehungen

Bei der Betrachtung der räumlichen Beziehung von Eingabe-Element und Anzeige gilt die allgemeine Regel, das Bedien-Element möglichst nahe an der Anzeige anzubringen. Desweiteren sollte auf der Anzeige die räumliche Anordnung der Bedien-Elemente bewahrt bleiben.

Die bekannteste und am meisten zitierte Untersuchung zur räumlichen Kompatibilität von Anzeigen- und Bedien-Elementen ist ein Experiment von Chapanis und Lindenbaum (1959). Die beiden Autoren untersuchten die Kompatibilität der Anzeige-Bedienelement-Anordnung an Herden. Aufgabe der Versuchspersonen war es, auf Zuruf hin eine bestimmte Kochstelle einzuschalten. Es kamen in diesem Experiment unterschiedliche Anordnungen der Kochstellen zur Anwendung. Abbildung 6 zeigt eine kompatible und nicht kompatible Anordnung, so wie sie unter anderem in dem Experiment von Chapanis und Lindenbaum verwandt wurden.


Abbildung 6


Zu diesem "Herdproblem" macht Norman folgende Bemerkung:
Das Problem der Herdplatten mag trivial erscheinen, aber in Wirklichkeit ist es ein Grund zu großen Frustrationen für viele Herdbesitzer. Warum bestehen Herd-Designer darauf, die Platten rechteckig und die Knöpfe in einer Zeile anzuordnen? Seit 40 Jahren wissen wir, wie schlecht eine solche Anordnung sich macht. Manchmal werden schlaue Diagrammchen mitgeliefert, denen man entnehmen soll, welcher Knopf welcher Platte entspricht. Manchmal gibt es eine kleine Aufschrift. Aber das richtige natürliche Mapping erfordert keine Diagramme, keine Aufschriften und keine Anweisungen [ ... ] Das Bedauerliche an diesem Beispiel besteht darin, daß es nicht schwer ist, ein Herd-Design richtig hinzukriegen. Lehrbücher über Ergonomik, menschliche Faktoren, Psychologie und Maschinenbau zeigen etliche sinnvolle Lösungen. (D.A. Norman, 1989, S. 95 ff)


4.3 Beziehungen in der Bewegung

Bei der Relation "Bewegung des Bedienteils/Bewegung der Anzeige" bestehen einige grundlegende, unbedingt zu beachtende Gesetzmäßigkeiten. So sind es beispielsweise allgemein anerkannte Prinzipien, daß die Rechtsdrehung eines Knopfes mit einer Wertzunahme einhergeht, oder daß das Drehen des Lenkrades nach links ein Auto dazu veranlaßt, nach links zu fahren.


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5 Gestaltung der Mensch-Maschine-Interaktion

Im zweiten, dritten und vierten Kapitel ging es um das Design der Systemoberfläche, d.h. um die Gestaltung der Ein- und Ausgabe-Elemente. Dies kann als die statische Komponente der Benutzerfreundlichkeit bezeichnet werden. Thema dieses Kapitels soll die dynamische Komponente der Benutzerfreundlichkeit sein, also die Frage danach, wie die Mensch-Maschine-Interaktion zu gestalten ist, und wie der Benutzer durch das System geführt werden soll, damit die Interaktion optimal verläuft. Anders ausgedrückt: Ging es zuvor um das "Hardware"-Design, so geht es nun um die benutzerfreundliche Gestaltung der "Software".

Auf zwei Aspekte der Mensch-Maschine-Interaktion soll in diesem 5. Kapitel eingegangen werden: Komplexität und Dialogform. Beide Faktoren sind nicht unabhängig voneinander zu sehen, bezeichnen aber doch unterschiedliche Aspekte der Mensch-Maschine-Interaktion. Unter dem Begriff der Komplexität werden Themen behandelt, die sich aus der Art der Implementation einer bestimmten Funktion ergeben. Hierbei sind formale Modelle der Mensch-Maschine-Interaktion sinnvoll, aus denen sich im Idealfall bereits im Designstadium praktisch umsetzbare Empfehlungen ableiten lassen. Mit Dialogform ist die Sprache gemeint, in der die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine stattfindet; es ist die Struktur der Interaktion, die sich aus den Eingaben des Benutzers und den Ausgaben des Gerätes ergibt. Beide Fragen sind natürlich nicht zu beantworten, ohne sich Gedanken über die konkrete Aufgabenstellung und Eigenschaften des Benutzers zu machen. In Kapitel 5.1 wird der Aspekt der Komplexität behandelt, wobei auf verschiedene Modelle der Mensch-Maschine-Interaktion eingegangen wird, da diese grundlegend für Aussagen über die Komplexität eines Systems sind und evtl. wertvolle Designhinweise liefern können. In Kapitel 5.2 werden verschiedene Dialogformen und ihre Anwendungsbereiche vorgestellt.


5.1 Die Komplexität der Interaktion

Die Komplexität eines technischen Gerätes hat immer mehrere Ursachen (Weir, 1991). So kann der Gegenstandsbereich selber viele voneinander abhängige Variablen enthalten, oder er kann eine große Anzahl verschiedener Zustände aufweisen. Desweiteren kann die Aufgabe, die der Benutzer zu bewältigen hat, mehr oder weniger komplex sein. Eine unnötige und vermeidbare Form der Komplexität kann sich aus der Art der Implementation der Funktion ergeben. Um diese dritte Art der Komplexität, auf die der Designer Einfluß nehmen kann, geht es in diesem Abschnitt.

Jedes Gerät dient einem bestimmten Zweck - eine Uhr soll die Zeit anzeigen, eine Waschmaschine Wäsche waschen, ein Auto den Fahrer schnell und bequem zum Ziel transportieren, usw. Wenn die Anforderungen an ein technisches Gerät definiert sind, bleiben dem Designer (im Prinzip unendlich) viele Möglichkeiten, die Funktion intern zu implementieren. Die meisten dieser Möglichkeiten sind offensichtlich schlecht und von vorneherein zu verwerfen. Es bleiben nur einige wenige akzeptable Lösungen übrig. Unter diesen wird es in den allermeisten Fällen aber auch nicht die einzige und beste Lösung geben. Thimbleby (1992) zeigt an einem Beispiel auf, was es für einen unerfahrenen Benutzer bedeuten kann, wenn der Designer sich - aus welchen Gründen auch immer - für eine schlechte Variante entscheidet:

The secret of the microwave clock
Ian Witten, professor of computer science at the University of Waikato, Hamilton, New Zealand, and I once spent a weekend in a friend‚s empty house. Because the power had been switched off, we had to restart the appliances, which included a microwave oven. The mictowave, a popular brand, had a cute model name suggesting high intelligence - an apt description since it resisted our own intellects for 45 minutes. Later, after discussion with other people and from our own experiments, my colleague and I concluded that our difficulty was not unusual. The only advantage our professions gave us was that we did not blame ourselves. We discovered early on that the microwave‚s electronic digital clock [ ... ] allowed entering any number between 00:00 and 99:99. Consequently, we thought that the clock had been designed to accept 24-hour times. Since it was then 22:02 hours (10:02 PM), we tried setting that time. The clock refused to run. As time passed, we tried 22:05, 22:015, and so on, until much later we accidentally set the time to 1:00. The clock finally worked. We realized that we had been misled by what numbers the clock would accept; it was secretly a 12-hour clock. (Thimbleby, 1992, S. 213 p)

In diesem von Thimbleby beschriebenen Fall wäre es kein Problem gewesen, die Uhr der Mikrowelle so zu konstruieren, daß sie nur zulässige Einstellungen akzeptiert und somit von vornherein gar keine falschen Eingaben zuläßt. Die Mikrowelle war nur aufgrund des schlechten Designs so schwierig zu bedienen und nicht etwa deshalb, weil der Gegenstandsbereich an sich so komplex ist.

Woher soll der Designer wissen, was "gutes" Design ist? Für welche der vielen, ihm akzeptabel erscheinenden Designvarianten soll er sich entscheiden? In den meisten Fällen wird er dabei rein intuitiv vorgehen. Er wird seine eigenen Erfahrungen heranziehen und daraus Vorstellung über den potentiellen Benutzer ableiten - er bildet sich ein Modell über den Benutzer. Oft ist dieses intuitive Modell aber falsch und unzutreffend. Günstig wäre es, hätte der Designer objektive Entscheidungshilfen an der Hand, die sich aus einem formalen Modell der Mensch-Maschine-Interaktion ableiten ließen. Im folgenden Abschnitt sollen deshalb ganz knapp einige Modelle der Mensch-Maschine-Interaktion vorgestellt werden und im Hinblick auf ihre Brauchbarkeit für den Designprozeß und die Evaluation bestehender Geräte betrachtet werden.


Es gibt sehr viele Modelle der Mensch-Maschine-Interaktion, die sehr heterogen sind und für den Designprozeß selber oft gar keine Hinweise liefern. Streitz spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem "mental model zoo" (Streitz, 1985). In allen weiteren Ausführungen soll ein Modell aus einem Subjekt X bestehen, das ein Objekt Y modelliert, kurz: X modelliert Y (Wandke, 1992). Welche Werte (Agenten) für die Variablen X und Y einzusetzen sind, darüber haben unterschiedliche Autoren unterschiedliche Ansichten. In der folgenden Tabelle sind die Agenten, die Wandke (1992), Streitz (1985) und Whitefield (1990) nennen, aufgeführt.

Wandke Streitz Whitefield
Benutzer Benutzer Benutzer
Designer Designer Designer
Computersystem Psychologe Programm
Psychologe Computersystem Psychologe
Aufgabe System (Mensch u. Maschine)
Umwelt
Manual

Streitz (1985) betont zusätzlich die Existenz von Modellen höherer Ordnung, wie z.B. das "Modell, das der Psychologe oder Designer über das Modell des Benutzers erhebt, das dieser über die Realisierung des Funktionsprinzips t durch das System S aufbaut." (Streitz, 1985, S. 288).

Setzt man in die obige Modelldefinition "X modelliert Y" alle möglichen Kombinationen von Agenten für X und Y ein, dann erhält man eine Modellmatrix, in die man bestehende Modelle zur Mensch-Maschine-Interaktion einordnen kann. Einige Zellen dieser Matrix sind dabei von keinem oder nur geringem Interesse, andere Zellen sind für die hier vorliegende Fragestellung eher relevant. So dürfte das Modell des Benutzers über den Psychologen beim Design benutzerfreundlicher Geräte nicht interessieren, wohl aber das Modell des Benutzers über das Gerät. In der folgenden Tabelle sind die bekanntesten formalen Modelle der Mensch-Maschine-Interaktion aufgelistet, ohne daß diese hier näher besprochen werden sollen. Auch die Theorie endlicher Automaten, so wie wir sie verwenden, läßt sich zur Vorhersage der Performanz eines Mensch-Maschine-Systems heranziehen4. In den nächsten zwei Abschnitten sollen zwei ganz unterschiedliche Modelle der Mensch-Maschine-Interaktion kurz vorgestellt werden: das Keystroke-Level-Modell von Card, Moran und Newell (1983) und das Modell der sieben Stadien der Mensch-Maschine-Interaktion von Norman (1989).

Modellname Autor(en)
Command Language Grammar CLG Moran (1981)
Goals, Operators, Methods, Selection Rules (GOMS) Card, Moran und Newell (1983)
Cognitive Complexity Theory (CCT) Kieras und Polson (1985)
Task Action Grammar (TAG) Payne und Green (1986)
Extended Task Action Grammar (ETAG) Tauber (1990)
Keystroke Level Model (KLM) Card, Moran und Newell (1983)

Das Keystroke-Level-Model (KLM) von Card, Moran und Newell (1983) ist eine simplifizierte Variante des GOMS-Modells (Card, Moran & Newell, 1983). Es beschreibt die Systemperformanz als Zeit, die ein Experte für die Bewältigung einer Aufgabe benötigt, wenn er bestimmte Methoden verwendet. Das Modell beinhaltet eine Reihe von Operatoren (z.B. Tastendrücke, Zeigeoperationen, mentale Operationen), die zu einer sogenannten Methode organisiert sind. Eine Methode besteht also aus einer Sequenz von Operationen, um eine Aufgabe zu erledigen. Bei gegebenem Programm ist somit eine Abschätzung der benötigten Zeit für eine Aufgabe möglich. Der Designer kann diese Zeit mit einem Kriterium (benchmark) vergleichen, oder er verwendet die geschätzten Zeiten, um zwischen zwei alternativen Systemen zu wählen. Das KLM ist ein rein quantitatives Modell, das nur sehr wenig psychologisches Wissen über den Benutzer voraussetzt und vom Designer rein mechanisch angewandt werden kann. Es kann nur evaluativen, nicht aber generativen Charakter haben.

Die sieben Stadien des Handelns von Norman (1989) gehen von der Struktur menschlichen Handelns aus. Jede Handlung beginnt mit der Formulierung eines Ziels. Es erfolgt die Ausführung der Handlung, anschließend eine Evaluation des Ergebnisses. Jeder Handlungszyklus setzt sich aus diesen zwei Komponenten Ausführung und Evaluation zusammen. Jede dieser beiden Komponenten kann erneut in drei Stadien unterteilt werden, so daß sich sieben Stadien des Handlens ergeben:

Den drei Stadien der Ausführung (Intention zu handeln, Handlungssequenz, Ausführung der Handlungssequenz) stehen auf der Evaluationsseite die drei Stadien Wahrnehmung, Interpretation der Wahrnehmung und Auswertung gegenüber.

Diese sieben Stadien menschlichen Handelns lassen sich auf die Mensch-Maschine-Interaktion übertragen. Die Probleme, die beim Umgang mit technischen Geräten auftauchen, lassen sich den beiden Komponenten Ausführung und Evaluation zuordnen. Norman nennt diese Probleme "die Kluft der Ausführung" und "die Kluft der Auswertung". Die Kluft der Auswertung bezeichnet den Unterschied zwischen den Intentionen des Benutzers und den am Gerät zulässigen Handlungen. Mit der Kluft der Auswertung ist die Anstrengung gemeint, die der Benutzer auf sich nehmen muß, um den physikalischen Zustand des Gerätes zu interpretieren und um zu bestimmen, inwieweit seine Erwartungen und Intentionen erfüllt wurden.

Die sieben Stadien des Handelns zieht Norman als Design-Hilfen heran, indem er sieben Fragen formuliert, die den einzelnen Stadien zugeordnet werden können, die den Designprozeß leiten sollen und das Ziel haben, die Kluft der Ausführung und die Kluft der Auswertung zu überbrücken:

Im Gegensatz zum Keystroke-Level-Modell ist das Modell von Norman ein qualitatives Modell über den Benutzer. Aus psychologischem Wissen über menschliches Handeln werden Aussagen über Handeln im Bereich der Mensch-Maschine-Interaktion abgeleitet und die sich daraus ergebenden Folgerungen für ein benutzerfreundliches Design aufgeführt. Dies sind - anders als im KLM - allgemein gehaltene Empfehlungen, die psychologisches Wissen voraussetzen. Des Modell kann nicht rein mechanisch angewandt werden, es liefert keine Detailaussagen und keinen Wert, der als Ausdruck für gut oder schlecht gelungenes Design herangezogen werden könnte. Trotzdem ist es ein für den Designprozeß sehr nützliches Modell.


5.2 Die Dialogform

The dialogue is the structure within which the user and the system exchange messages. The user and the system use the dialogue to interact with one another. It is the dynamic aspect of the user-system-interface, or USI. The design of the dialogue is therefore of crucial importance in converting the potential benefits of the underlying technology into actual benefits for the user. (Cole, Lansdale & Cristie, 1985, S. 212)

Im Bereich der Software-Ergonomie wurden zahlreiche Versuche unternommen, verschiedene Dialogformen bzw. Interaktionstechniken hinsichtlich verschiedener Dimensionen zu klassifizieren und in ihrer Wirkung auf die Benutzerfreundlichkeit zu untersuchen und zu bewerten. Im folgenden werden die zwei grundlegenden Dialogformen "systemgeführt" und "benutzergeführt" vorgestellt, anschließend werden die wichtigsten Interaktionstechniken besprochen und einige Design-Richtlinien aufgelistet.


5.2.1 Grundformen der Mensch-Maschine-Interaktion

Ilg und Ziegler (1987) sowie Cole, Lansdale und Cristie (1985) unterscheiden benutzergeführte und systemgeführte Dialogformen. Bei der systemgeführten Interaktion wird der Benutzer Schritt für Schritt durch Hinweise und Hilfestellungen zu der von ihm gewünschten Operation veranlaßt. Je nach Realisierung verfügt der Benutzer dabei über mehr oder weniger Auswahl- oder Eingabe-Alternativen. Die systemgeführte Interaktion besitzt den Vorteil der guten Erlernbarkeit und der geringen Fehleranfälligkeit. Nachteile sind darin zu sehen, daß der Dialog umfangreicher ist als bei der benutzergeführten Interaktion - die Zahl der Transaktionen steigt, das System wird unflexibler und der Benutzer hat einen geringeren Handlungsspielraum.

Benutzergeführte Interaktionstechniken zeichnen sich demgegenüber dadurch aus, daß das System lediglich seine Bereitschaft zur Eingabe ankündigt, aber keinen Hinweis auf zulässige oder mögliche Benutzereingaben liefert. Der Benutzer muß aktiv seine Kommandos formulieren. Die Vorteile der benutzergeführten Interaktion sind hohe Effizienz der Interaktionssteuerung und hohe Flexibilität. Der Benutzer kann seine Ziele schnell erreichen und hat die freie Auswahl der Schritte (ob diese dann aber zum Ziel führen, ist eine andere Frage). Die Nachteile liegen in der schwierigeren Erlernbarkeit und auch schwierigeren Bedienbarkeit, da Recall gefordert ist, in längerem Training und einem höheren Fehlerrisiko. Aus diesen Feststellungen ergibt sich die Folgerung, dem weniger geübten Benutzer die systeminitiierte Interaktion anzubieten und dem erfahrenen Benutzer die benutzergeführte Interaktion. In der folgenden Tabelle sind die Vor- und Nachteile dieser beiden Interaktionsformen in Anlehnung an Ilg und Ziegler (1987) aufgelistet.

benutzergeführt systemgeführt
Vorteile
  • hohe Effizienz
  • hohe Flexibilität
  • Gefühl der Kontrolle
  • gute Erlernbarkeit
  • geringe Ausbildung erforderlich
  • geringe Fehleranfälligkeit
Nachteile
  • schwierige Erlernbarkeit
  • lange Ausbildung, aufwendiges Training
  • hohes Fehlerrisiko
  • Dialog wird umfangreich und ineffizient
  • geringe Flexibilität
  • geringer Handlungsspielraum

Das Lenken eines Autos ist beispielsweise eine benutzergesteuerte Form der Interaktion und weist, wie aus der obigen Tabelle zu ersehen ist, die Vor- und Nachteile dieser Interaktionstechnik auf. Die Bedienung eines Geld- oder Fahrkartenautomaten ist dahingegen hauptsächlich systeminitiiert. Meist ist ein konkretes System eine Mischform dieser beiden Interaktionstechniken, in der zwischen systemgesteuerter und benutzergesteuerter Interaktion gewechselt wird.

Welche Interaktionstechnik als benutzerfreundlicher anzusehen ist, kann nicht unabhängig vom Expertisegrad des Benutzers und der Aufgabenstellung beantwortet werden. Es gibt nicht die benutzerfreundliche Interaktionstechnik, die immer und in jedem Falle allen anderen Techniken überlegen ist. Generell läßt sich aber sagen, daß für Laien ist eine systeminitiierte Interaktionstechnik vorzuziehen ist, für Experten eher die benutzerinitiierte Interaktion.


5.2.2 Dialogformen

Im folgenden sollen die wichtigsten Dialogformen vorgestellt werden. Sie sind als Basistypen zu verstehen. In einem konkreten System kommen sie nie alleine vor; erst ihre Kombination ergibt die konkrete Dialogstruktur eines Systems. Zu einigen Dialogformen werden ausführliche und detaillierte Designvorschläge gemacht, wobei ich mich eng an die Ausführungen von Cole, Lansdale und Christie (1985) halten werde.


Frage und Antwort
Dies ist die einfachste Dialogform, bei der die Initiative völlig beim System liegt. Sie ist in den Fällen nützlich, in denen nur wenige Eingaben erforderlich sind und die Aufgabenstruktur eine gleichbleibende Interaktionssequenz verlangt. Diese Dialogform sollte nur angewandt werden, wenn davon auszugehen ist, daß die zukünftigen Benutzer Laien sind und für Systeme, die nur selten genutzt werden. Für erfahrene Benutzer und bei häufiger Nutzung wird diese Technik schnell langweilig. Die Timer-Programmierung, so wie sie momentan in den Panasonic-Videorecordern implementiert ist, gehört zu diesen Interaktionstechniken.


Formulardialog
Beim Formulardialog wird der Benutzer vom System aufgefordert, die notwendigen Daten in ein Formular einzugeben. Diese Technik wird immer dann verwandt, wenn die Struktur von häufig benötigten Datensätzen unverändert bleibt. Der Benutzer kann bestehende Datensätze verändern oder einsehen und neue Datensätze eingeben. Das System übernimmt die Initiative, es kann semantische und syntaktische Vorgaben machen. Falls falsche Eingaben gemacht werden dürfen und vom System nicht abgefangen werden, ist die Eigenverantwortung des Benutzers relativ hoch. Diese Technik ist auch für den unerfahrenen Benutzer geeignet, wenn die Möglichkeit unvollständiger oder falscher Eingaben ausgeschlossen ist. Beim Design dieser Dialogform ist besonderes Augenmerk auf die visuelle Strukturierung des Bildschirms und eine eindeutige und verständliche Benennung der Eingabefelder zu richten. Im folgenden eine Liste konkreter Designempfehlungen:


Menüsysteme
Ein Menü ist eine Liste von Kommandos, die im aktuellen Systemzustand als nächste Befehle erlaubt sind. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Menüsysteme. Allen gemeinsam ist aber, daß dem Benutzer eine bestimmte Anzahl von Menüpunkten angeboten werden, von denen er genau einen auswählen kann und damit die nächsten Aktionen festlegt. Menüsysteme gehören somit zu den systemgeführten Interaktionstechniken. Menüs werden heute in den meisten Programmsystemen benutzt. Beispiele sind Texteditoren, graphische Systeme, Auskunftssysteme, usw. Wenn ein System sehr viele Funktionen bereitstellt, dann soll aus Gründen der Übersichtlichkeit der Zugriff auf die einzelnen Funktionen über eine hierarchische Menüstruktur ermöglicht werden. Hierbei spielen Faktoren wie die Breite oder Tiefe des Menüs eine entscheidende Rolle für die Benutzerfreundlichkeit. Menütiefe meint die Anzahl der Hierarchieebenen, Menübreite meint die Anzahl der Items pro Ebene. Mit steigender Menütiefe steigt die Anzahl der Fehler und die Suchzeit für einen bestimmten Menüpunkt. Auf der anderen Seite sollte die Menübreite aber auch nicht zu groß sein, da sonst die Suchzeiten für ein Item innerhalb einer Hierarchieebene zu lang werden und die Darstellung der Items zu unübersichtlich wird. Ein weiterer wichtiger Punkt betrifft die inhaltliche Struktur der Menüs. Meist wird nach dem Spezialisierungsprinzip oder dem Prinzip der funktionalen Ähnlichkeit verfahren. Z.B. kann man alle Items, die etwas mit Drucken zu tun haben, unter einen Menüpunkt subsumieren. Eine weitere Möglichkeit ist die Ordnung nach der Häufigkeit der Nutzung. Dieses Prinzip sollte nur innerhalb einer Ebene angewandt werden, um die Reihenfolge der Menüitems festzulegen, oder dann, wenn die einzelnen Menüitems sowieso keinen inhaltlichen Zusammenhang aufweisen.

Für Menüsysteme gibt es eine Reihe unterschiedlicher Auswahltechniken. Das gewünschte Item kann durch Benennen ausgewählt werden (mit Ziffer oder mit Anfangsbuchstabe), durch Zeigen auf das entsprechende Item mit der Maus, oder durch Pfeiltasten in Kombination mit der Returntaste. Grundsätzlich sollten dem Benutzer mehrere alternative Wege angeboten werden.

Bei Menüsystemen liegen sowohl die Initiative als auch die Verantwortung für die Zulässigkeit der Eingaben völlig beim System, da der Benutzer Schritt für Schritt bis zum Ziel geführt wird. Gleichzeitig wird er, falls auch Kommandos bereitgestellt werden, an diese gewöhnt. Die Vorteile von Menüsystemen sind in der leichten Erlernbarkeit zu sehen und in der geringen Gedächtnisbelastung für den Benutzer, da alle Menüpunkte zu jedem Zeitpunkt verfügbar sind. Probleme ergeben sich, wenn die Anzahl der Menüpunkte groß ist und diese schlecht angeordnet sind. Fortgeschrittene Benutzer empfinden Menüs häufig als lästig, da kein Schritt übersprungen werden kann und immer die vom Menü vorgeschriebene Sequenz der Teilschritte durchlaufen werden muß. Die Menütechnik sollte aus diesem Grund immer in Kombination mit einer Kommandosprache angeboten werden, damit sowohl Laien als auch Experten in für sie optimaler Weise mit dem System interagieren können.

Bei der Dialogtechnik "Menüauswahl" gibt es eine Reihe unterschiedlicher Techniken, die hier kurz vorgestellt werden sollen.

Im folgenden wird eine Liste von Design-Empfehlungen für die Dialogform "Menüauswahl" aufgeführt:


Funktionstasten
Funktionstasten sind Tasten, die zusätzlich zu den alphanumerischen Tasten auf der Tastatur angebracht sind (z.B. F1, F2. usw.). Nach Drücken einer Funktionstaste wird eine bestimmte Funktion aufgerufen. Der Dialog mit Funktionstasten ist oft mit anderen Interaktionstechniken gemischt. Man unterscheidet Hard- und Softkeys. Hardkeys sind solche Tasten, die in jedem Kontext ihre Funktion beibehalten, wohingegen Softkeys je nach Kontext Unterschiedliches bewirken. Um den Benutzer zu entlasten, muß ihm die aktuelle Bedeutung der Softkeys ständig angezeigt werden (z.B. im unteren Bildschirmteil).


Kommandosprache
Die Kommandosprache ist die älteste Dialogform und ist den benutzergeführten Interaktionstechniken zuzuordnen. Der Benutzer muß seine Befehle oder Befehlsfolgen in einer rigide festgelegten Reihenfolge eingeben. Die Vorteile dieser Interaktionstechnik sind darin zu sehen, daß der Benutzer maximale Kontrolle über das System hat, und daß er sehr effizient arbeiten kann. Der Nachteil liegt in der schweren Erlernbarkeit und dem Problem, daß die einzelnen Befehle bei Bedarf aktiv erinnert werden müssen. Diese Interaktionstechnik ist geeignet für hochgeübte Benutzer und bei Aufgabenstellungen, die eine hohe Flexibilität verlangen.


Direkte Manipulation
Die Dialogtechnik "Direkte Manipulation" hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Kennzeichnend für diese Dialogform ist, daß die Anwendungsobjekte auf dem Bildschirm sichtbar sind, so daß auf sie zugegriffen werden kann und sie direkt manipuliert werden können. Die Anwendungsobjekte werden nach Möglichkeit auf dem Bildschirm in Analogie zu ihren realen Gegenstücken dargestellt, z.B. als Ordner, Blätter oder Papierkorb. Die direkte Manipulation ist eine visuell orientierte Interaktion, die Icons und Graphiken verwendet. Videospiele, viele Texteditoren, Graphikprogramme, Tabellenkalkulationsprogramme, das Windows-System oder die Schreibtischoberfläche des Macintosh-Rechners sind Beispiele für diese Dialogtechnik. Direkte Manipulation gehört zu den benutzerinitiierten Interaktionstechniken, sie ist leicht erlernbar und besonders gut für Laien geeignet. "Durch die weitgehende Analogie zwischen bekannten Objekten und Vorgehensweisen und den Konzepten der Benutzerschnittstellen bietet direkte Manipulation dem Benutzer, anders als viele dialogorientierte Systeme, das Gefühl, auch bei der Nutzung neuer Technologie, doch die gewohnte Arbeitsumgebung beibehalten zu haben und auf vertraute Arbeitsweisen zurückgreifen zu können." (Ilg & Ziegler, 1987)

Z.B. sieht der Benutzer/die Benutzerin auf der Schreibtischoberfläche des Macintosh-Rechners symbolische Abbildungen von Dokumenten, Ordnern oder Mappen sowie einen Papierkorb. Um ein Dokument zu löschen, muß er nicht mehr wie in der Kommandosprache "Lösche Dokument xy" eintippen, sondern er kann das Symbol der Datei einfach in den Papierkorb schieben. Um ein Dokument von einem Ordner in den anderen zu kopieren, braucht er nicht mehr auf einen Kopier-Befehl zurückgreifen, sondern er kann mit dem Mauszeiger auf das Dokument zeigen und es direkt in einen anderen Ordner verschieben.

Durch die Kombination und das Aneinanderfügen der oben aufgeführten Dialogformen ergibt sich die eigentliche Dialogstruktur. Beispielsweise besteht ein konkretes Graphikprogramm aus Objekten, die der Benutzer direkt auswählen kann. Um die Objekte dann in der gewünschten Weise manipulieren zu können, steht ihm gleichzeitig ein Menüsystem zur Verfügung.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Grundversion für den ungeübten Benutzer ein System sein sollte, das hauptsächlich systemgeführt arbeitet und leicht erlernbar ist. Dem geübten Benutzer sollte dahingegen ein System zur Verfügung gestellt werden, das er selbst kontrollieren kann und das möglichst flexibel ist. Die beste Lösung ist ein interaktives System, das sowohl den Bedürfnissen des Laien, als auch denen des erfahrenen Benutzers gerecht wird - denn der Laie bleibt auf Dauer kein Laie, er wird durch den Umgang mit dem System nach und nach zum Experten. Dieser Forderung kann der Designer nachkommen, indem er dem Benutzer sowohl die Menütechnik als auch Kommandosprache anbietet.


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6 Schlußbemerkungen

Thema dieses Beitrages war das Design elektronischer Geräte f€r den alltäglichen Gebrauch. Es wurden diejenigen Aspekte des Geräte-Designs besprochen, die einen Einfluß auf die Benutzerfreundlichkeit haben, d.h. auf die Erlernbarkeit und die Bedienbarkeit eines Gerätes.

Abschließen möchte ich diesen Bericht mit den "Sieben Prinzipien zur Verwandlung von schwierigen Aufgaben in einfache" von D.A. Norman (1989, S. 220 ff). Diese Prinzipien geben auf eine informelle Art und Weise viele wertvolle Tips, ohne den Handlungsspielraum des Designers einzuengen.

  1. Nutzen Sie sowohl das Wissen im Kopf als auch das Wissen in der Umwelt.
    Man kann dem Benutzer entscheidend helfen, wenn man ihm das zur Bedienung nötige Wissen extern zur Verfügung stellt und sich gleichzeitig auch auf intern verfügbares Wissen bezieht. Dies kann man erreichen, indem man beispielsweise gute Bedienungsanleitungen zur Verfügung stellt, aber auch durch ein Design, das auf schon vorhandenes Wissen beim Benutzer zurückgreift und somit die Menge der möglichen Bedienschritte drastisch einschränkt.

  2. Vereinfachen Sie die Struktur von Aufgaben.
    Bei der Festlegung der Struktur von Aufgaben muß der Designer die begrenzte Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses berücksichtigen und eine Struktur wählen, die es für den Benutzer möglichst einfach macht, sich die Aufgabe anzueignen, d.h. ins Langzeitgedächtnis zu überführen. Letzteres ist dann der Fall, wenn die Informationen in einen schon bestehenden konzeptuellen Rahmen eingeordnet werden können, wenn sie also an das anknüpfen, was der Benutzer bereits weiß. Manchmal kann durch eine Veränderung der Aufgabenstruktur ein entscheidender Fortschritt hinsichtlich der leichteren Erlernbarkeit und Bedienbarkeit erreicht werden. Norman führt als Beispiel die Einführung von Klettverschlüssen für Schuhe an, die für viele Kinder (und deren Eltern), aber auch für ältere Menschen ein Segen war.

  3. Machen sie die Dinge sichtbar: Überbrücken Sie die Kluft der Ausführung und die Kluft der Auswertung.
    Durch geschicktes Design der Eingabe-Elemente wird dem Benutzer klar, welche Handlungen er mit dem Gerät ausführen kann; durch gutes Design der Ausgabe-Elemente werden ihm die Wirkungen seiner Handlung übermittelt. Dabei sollen die Ein- und Ausgaben so ausgelegt sein, daß die möglichen Handlungen und die Ergebnisse der Handlungen mit den Erwartungen des Benutzers übereinstimmen.

  4. Sorgen Sie dafür, daß die Mappings stimmen.

    Der Designer sollte natürliche Mappings nutzen und dafür sorgen, daß der Benutzer folgende Beziehungen problemlos herstellen kann:

    • zwischen Intention und möglichen Handlungen,
    • zwischen Handlungen und Auswirkungen auf das Gerät,
    • zwischen internem Systemzustand und Ausgaben,
    • zwischen den Ausgaben des Gerätes und den Bedürfnissen, Intentionen und Erwartungen des Benutzers.

  5. Nutzen Sie Einschränkungen.
    Durch Beachtung dieses Prinzips bekommt der Benutzer das Gefühl vermittelt, es sei zu einem bestimmten Zeitpunkt nur eine einzige Handlung möglich. Hier spielen besonders physikalische und kulturelle Einschränkungen eine Rolle. Mit "physikalischen Einschränkungen" ist gemeint, das Aussehen von Gegenständen so zu gestalten, daß dem Benutzer eindeutig signalisiert wird, was mit dem Gegenstand überhaupt möglich ist. Mit "kulturellen Einschränkungen" meint Norman das, was in diesem Bericht unter der Überschrift "Populationsstereotype" abgehandelt wurde.

  6. Berücksichtigen Sie mögliche Fehler.
    Jeder Fehler eines Benutzers wird aus der Intention heraus begangen, einen Schritt in die richtige Richtung zu tun. Der Designer kann versuchen, potentielle Fehler durch einen geschickten Aufbau der Funktion des Gerätes zu eliminieren. Falls dies nicht möglich ist, sollten die Fehlermeldungen so gestaltet werden, daß der Benutzer sie nachvollziehen und aus ihnen lernen kann.

  7. Wenn alles andere schiefgeht, richten Sie sich nach bestehenden Normen.
    Wenn sich gar keine natürlichen Mappings finden lassen, dann bleibt als einziger Ausweg die Standardisierung, so wie wir sie heute bei Schreibmaschinen, Autos, Uhren oder Kalendern finden.

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7 Literatur

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